Wurde die Westringkaskade extra für ihren Zweck errichtet?
Nein. Die Westringkaskade nutzt die seit den 1960er Jahren bestehende Infrastruktur. Über den sogenannten „Westring“ werden Gotha, Teile des Kreises Sömmerda sowie die nördlichen Stadtteile Erfurts seit den 1960er Jahren mit Trinkwasser versorgt. Zuständig hierfür ist das Verbundwassersystem Mittel- und Nordthüringen. Die Doppelleitung, die im Thüringer Wald ihren Ursprung hat, umfasst insgesamt 45 Kilometer. Heute wird zur Trinkwasserversorgung nur noch eine der beiden Parallelleitungen benötigt. Die Westringkaskade ist durch Umnutzung der bestehenden zweiten Leitung entstanden.
Im Erfurter Norden fanden Bauarbeiten zur Westringkaskade statt. Was wurde hier gebaut?
Die vorhandene Doppelleitung des Westrings endet aus Richtung Marbach kommend vor der Nordhäuser Straße in Erfurt. Im Abschnitt zwischen Nordhäuser Straße und der Einmündung in die Gera wurde für die Westringkaskade eine neue Rohwasserleitung verlegt. Die neue Leitung wurde teils in die alte unterirdische Verrohrung des Marbachs eingezogen und teils in das ehemalige Bachbett des Marbachs bis zum Wasserkraftwerk verlegt. An der Erfurter Wasserkraftanlage wurde zudem ein Auslaufbauwerk zur Ableitung des verstromten Wassers in die Gera errichtet.
Was hat der Marbach mit der Westringkaskade zu tun?
Über Jahrzehnte wurde der Marbach nördlich der Straße der Nationen unterirdisch in einer Verrohrung geführt. Um den Marbach gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie in einen „guten ökologischen Zustand“ zu versetzen, legte die Stadt Erfurt das Gewässer 2019 offen in ein natürlich gestaltetes Flussbett um. Damit kann der Marbach künftig Regenwasser von den angrenzenden Straßen und den beiden Uferböschungen aufnehmen und erhält eine Verbindung zum Grundwasser.
Die rund einen Meter breiten Betonrohre, durch die der Marbach einst floss, sind noch gut erhalten. Durch Inbetriebnahme der Westringkaskade wurden diese einer neuen Nutzung zugeführt.
Fehlt durch die Westringkaskade Wasser in der Apfelstädt?
Nein. Die Talsperre Tambach-Dietharz, durch die das Wasser der Westringkaskade fließt, staut zwar unter anderem das Wasser der Apfelstädt. Durch die gesetzlich geregelten Mindestwasserabflüsse ist jedoch gewährleistet, dass dem Fluss insbesondere in Trockenperioden mehr Wasser zugeführt wird als er in dieser Zeit führen würde. Diese Mindestwasserabgabe ist im Jahr 2016 nochmals erhöht worden. Im Jahr 2020 war der natürlicher Zufluss der Apfelstädt zur Talsperre Tambach-Dietharz an 341 von 366 Tagen geringer als die an den Fluss abgegebene Wassermenge. Die Mehrabgabe durch das Talsperrensystem betrug dabei rund 4,35 Mio. Kubikmeter Wasser. Das ist mehr als das fünffache Stauvolumen der Talsperre Tambach-Dietharz.
Nur ein Bruchteil des in die Apfelstädt abgegebenen Talsperrenwassers kommt jedoch unterhalb von Wechmar bei Ingersleben an. Verkarstungen des Muschelkalks sind Ursache bekannter hydrogeologischer Phänomene wie Flussversinkungen. Auch der Apfelstädt gehen durch natürliche Versinkungen regelmäßig große Wassermengen verloren. Während der Fluss vor der Versinkungszone im Bereich der Ohramündung noch ausreichend Wasser führt, ist das Flussbett bereits einen Kilometer hinter diesem Bereich komplett trocken. Über den Verbleib des Wassers gibt es derzeit keine gesicherten Erkenntnisse.
Kann der natürliche Wasserverlust der Apfelstädt durch das Talsperrensystem kompensiert werden?
Die Apfelstädt ist eines von vielen Fließgewässern Thüringens, das in seinem natürlichen Lauf über längere Zeiträume im Sommer trockenfällt. Pro Jahr müssten in trockenen Perioden aus den Talsperren mehrere Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich in den Fluss abgegeben werden, um unterhalb von Wechmar bis zur Mündung bei Ingersleben eine Wasserführung in Höhe des mittleren Niedrigwasserabflusses (MNQ) zu erreichen.